Miete und Corona – CF Newsletter 01/2021
Wir hatten bereits im März 2020 über das sog. Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht berichtet. Dieses bestimmt – sowohl für den Anwendungsbereich des Wohnungs- wie auch des Gewerberaummietrechts – eine Kündigungssperre des Vermieters, falls der Mieter seine Mietzinsschuld in der Zeit vom 01.04.2020 bis zum 30.06.2020 bei Fälligkeit nicht entrichtet und diese Nichtleistung auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht.
Die nämliche Sonderregelung wurde bekanntlich über den 30.06.2020 hinaus nicht verlängert, so dass letztlich nur für diese drei Monate der Mieter die Miete zurückbehalten konnte, ohne Gefahr zu laufen, dass ihm der Vermieter das Mietverhältnis kündigt. Anerkannt ist zwischenzeitlich freilich, dass diese Kündigungssperre nicht mit einer endgültigen Reduktion des Mietzinses gleichzusetzen ist: Der Mieter bleibt weiterhin zur Zahlung der Miete verpflichtet. Spiegelbildlich kann der Vermieter die fällige Miete einklagen bzw. von dem Mieter ein entsprechendes Schuldanerkenntnis einfordern; er kann lediglich nicht aufgrund der Mietrückstände eine Kündigung aussprechen. Im Ergebnis erweist sich jener befristete Ausschluss des Kündigungsrechts somit für den Mieter als „Papiertiger“, zumal er sich – falls der Vermieter tatsächlich von der Vollstreckung Abstand nimmt – die verspätete Mietzinszahlung unter dem Gesichtspunkt des Schuldnerverzugs und der damit einhergehenden Zinslast vergleichsweise teuer erkauft.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist – im Bereich des Gewerberaummietrechts – die Diskussion entstanden, der Mieter unter dem Gesichtspunkt einer Störung der Geschäftsgrundlage eine Anpassung des Mietzinses verlangen und ggf. durchsetzen kann, wenn er aufgrund einer hoheitlich verfügten Betriebsschließung die Mietsache ganz oder überwiegend nicht mehr nutzen kann. Der Rechtsgedanke der Störung der Geschäftsgrundlage ist in § 313 BGB anerkannt. Dessen Kernaussage lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass – unter der Voraussetzung, dass sich die Umstände, die zur Grundlage des Mietvertrags gemacht worden sind, nach Vertragsabschluss so schwerwiegend verändert haben, dass man davon ausgehen muss, dass die Parteien in Kenntnis dieser geänderten Umstände den Vertrag nicht oder mit einem anderem Inhalt geschlossen hätten – jede Partei des Mietvertrags nach § 313 BGB einseitig eine Vertragsanpassung verlangen kann, soweit ihr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. In der Rechtsprechung ist indes anerkannt, dass grundsätzlich der Mieter allein das Verwendungsrisiko der Mietsache trägt, was bei gewerblicher Miete gerade auch die Unsicherheit umfasst, tatsächlich Gewinne in bzw. mit dieser erwirtschaften zu können. Dementsprechend überrascht es im Ergebnis nicht, dass verschiedene Instanzgerichte den von hoheitlich verfügten Betriebsschließungen betroffenen Mietern eine Absage unter Verweis darauf erteilten, dass vorübergehende Umsatzeinbußen eben nicht geeignet seien, von einer – diese Risikoverteilung berücksichtigenden – nachhaltigen Störung der Geschäftsgrundlage auszugehen.
Der Gesetzgeber hat mit den betroffenen Mietern nunmehr ein Einsehen und mit Gesetz vom 22.12.2020 (BGBl. I, 3328) gesetzlich Folgendes in Art. 240 § 7 EGBGB festgeschrieben: Im Bereich des Gewerberaummietrechts wird nunmehr vermietet, dass eine Verwendbarkeitsbeschränkung einer Mietsache, die auf hoheitlichen Maßnahmen der COVID-19-Pandemie beruht, dem Grunde nach eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellen kann. Es bleibt freilich dabei, dass im Einzelfall zu prüfen ist, ob die Parteien den Mietvertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, und inwieweit einem Teil das Festhalten am unveränderten Vertrag dieserhalb nicht zugemutet werden kann. Insoweit wird man stets den konkreten Vertrag zu prüfen haben. Gerade bei Mietverträgen, die hohe umsatz- oder ergebnisbezogene Mietzinsanteile ausweisen (bspw. Umsatzmiete), dürfte – ungeachtet der geänderten Gesetzeslage – eine Berufung auf § 313 BGB wenig erfolgversprechend sein. Im Übrigen wird man – im Hinblick auf eine frühere Entscheidung des BGH – nicht mehr als die Anwendung der „salomonischen Halbteilungsregel“ erwarten dürfen (BGH VII ZR 60/89).
Vorsicht: Wir hatten bereits anderer Stelle berichtet, dass bei einer Änderung des Mietvertrags bei langfristigen Mietverträgen stets die Schriftformbedürftigkeit des Vorgangs im Auge behalten werden sollte, um zu vermeiden, dass sich das Mietverhältnis in ein – mit gesetzlicher Frist kündbares – unbefristetes Mietverhältnis wandelt. Gerade auch jede nachträgliche, zeitlich nicht beschränkte Änderung der Höhe des Mietzinses, die nicht jederzeit vom Vermieter widerrufen werden kann, ist unabhängig davon, ob sie zu einer dem Vermieter und damit auch dem durch die Vorschrift geschützten (potentiellen zukünftigen) Grundstückserwerber günstigen Erhöhung oder aber zu einer Ermäßigung geführt hat, wesentlich und stellt damit eine dem Formenzwang des § 550 BGB unterfallende Vertragsänderung dar (BGH XII ZR 114/14). Dies sollten die im Hinblick auf die neue Gesetzeslage möglicherweise in Gespräche eintretenden Parteien „im Hinterkopf behalten“.
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Miete und Corona – CF Newsletter 01/2021
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