Derzeit gilt der Nachweis einer genesenden Person nur 3 Monate, nicht wie zuvor 6 Monate.
Diese Änderung erfolgte Mitte Januar mit Änderung der Schutzmaßnahmen–Ausnahme-Verordnung. In dieser wird seitdem zur Bestimmung des Status eines Genesenen auf die Internetseite des Robert-Koch-Instituts verwiesen.
Dies ist laut dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Osnabrück verfassungswidrig und damit unwirksam.
In einem Eilverfahren wurde der Landkreis Osnabrück deshalb dazu verpflichtet, dem Antragsteller einen 6 Monate umfassenden Nachweis seiner Genesung auszustellen.
Zur Begründung führte es aus, dass der Nachweis als solcher und auch seine Dauer von hoher Bedeutung für die Freiheit des Einzelnen sei. Im Rahmen der geltenden 2G Regelung sei der Nachweis essenziell für die Teilhabe am öffentlichen Leben.
Es verwies auf die große Grundrechtsrelevanz durch Ausschluss des Einzelnen von der Teilnahme am sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben.
Ferner kritisiert es die Abgabe der konkreten Bestimmung des Zeitraums an das Robert-Koch-Institut.
Denn ein solcher Verweis auf eine sich ständig ändernde Internetseite sei intransparent und vor allem unbestimmt. Es müsste von den Betroffenen ständig überprüft werden, ob die Internetseite weiterhin denselben Inhalt hat, um über die geltende rechtliche Lage informiert zu bleiben. In praktischer Hinsicht stellt sich auch die Frage, ob bei Änderungen die früheren Inhalte archiviert würden, damit nachvollziehbar bliebe, was zu welchem Zeitpunkt galt. Fraglich wäre auch, was bei einem technischen Ausfall der Seite passieren würde. Dann wäre der Abruf der Regelung nicht möglich.
Zusätzlich fehle es auch an einer gesicherten wissenschaftlichen Grundlage für die Verkürzung auf 3 Monate. Es sei vom Robert-Koch-Institut nicht ausreichend wissenschaftlich aufgearbeitet worden, inwiefern ein Schutz von Genesenen bereits nach 90 Tagen ende. Die Quellen, die das Robert-Koch-Institut anführt, würden sich zum großen Teil nicht einmal konkret mit der Dauer des Genesenenstatus beschäftigen. Das Gericht wies auch auf die abweichende Regelung der EU hin. Diese einigte sich auf die Anerkennung des Status eines Genesenen bei Einreise innerhalb der EU für 6 Monate.
Aufgrund dieser vielfältigen Gründe müsse die alte Regelung vom Mai 2021 angewendet werden. Diese erklärte den Nachweis noch für 6 Monate als gültig.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt abzuwarten, ob Rechtsmittel gegen diese Entscheidung eingelegt werden und die Sache an ein höheres Gericht verwiesen wird, welches womöglich eine andere Entscheidung trifft.
Auch die Verwaltungsgerichte Berlin und Hamburg sind dieser Auffassung gefolgt.
Das Verwaltungsgericht Berlin entschied kürzlich, dass die derzeitige Regelung des Genesenenstatus „rechtswidrig“ ist. Laut Infektionsschutzgesetz müsse die Bundesregierung die Dauer des Genesenenstatus selbst bestimmen. Die Regierung durfte diese Aufgabe nicht an das Robert-Koch-Institut delegieren, das Mitte Januar den Genesenenstatus von 6 auf 3 Monate verkürzte. Auch der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin ist noch nicht rechtskräftig.
Dieser Auffassung hat sich auch das Verwaltungsgericht Hamburg mit Entscheidung vom 14.02.2022 angeschlossen. Insbesondere die dynamische Verweisung auf die Homepage des Robert-Koch-Instituts begegnet in dieser konkreten Gestaltung bereits grundsätzlichen Bedenken.
Sie dürfte jedenfalls gegen das rechtstaatliche Publizitätserfordernis verstoßen, die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung überschreiten und mit dem Bestimmtheitsgebot unvereinbar sein.
Verwaltungsgericht Ansbach: Regelung zum Genesenenstatus ist unzulässig
Das Verwaltungsgericht Ansbach hat mittlerweile ebenfalls einem Eilantrag von zwei Personen stattgegeben und entschieden, dass der Genesenenstatus der beiden weiterhin 6 Monate gültig ist und nicht auf 90 Tage verkürzt wird.
Das Verwaltungsgericht Ansbach gab dem Eilantrag statt. Zur Begründung führt das Gericht aus, dass § 2 Nr. 5 SchAusnahmV in der Fassung vom 14.01.2022 bei summarischer Prüfung aus formellen Gründen verfassungswidrig sei. Denn der Verweis des § 2 Nr. 5 SchAusnahmV auf die Internetseite des Robert-Koch-Instituts erweise sich bei summarischer Prüfung als verfassungswidrig, da gegen den Wesentlichkeitsgrundsatz und den Bestimmtheitsgrundsatz des Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz verstoßen werde. Eine Prüfung, ob die Verkürzung des Genesenenstatus insgesamt verfassungswidrig ist, nehme das Gericht daher nicht mehr vor.
Zwischenzeitliche Klarstellung durch Robert-Koch-Institut
Zwar hat des Robert-Koch-Institut, nicht zuletzt durch die öffentliche Empörung, zwischenzeitlich klargestellt, dass die Vorgaben zur Verkürzung des Genesenenstatus ausschließlich vor und nach der durchgemachten Infektion nicht geimpfte Personen betrifft. Diese Gruppe ist auch weiterhin unmittelbar von der Verkürzung des Genesenenstatus auf 90 Tage betroffen. Die Gruppe der ungeimpften Personen kann derzeit nur über eine Entscheidung im Einzelfall eine (Wieder-)Verlängerung ihres Genesenenstatus erreichen.
Was folgt aus diesen Entscheidungen nun für andere Betroffene?
Die Entscheidung der Verwaltungsgerichte entfaltet nur für den dortigen Antragsteller eine Wirkung und beseitigt die neue Regelung nicht.
Andere Genesene, die eine Verkürzung nicht akzeptieren wollen, müssen selbst ein Verfahren vor dem für sie zuständigen Verwaltungsgericht anstrengen.
Dabei unterstützen wir Sie gerne und beraten Sie über die Möglichkeiten eines Eilverfahrens vor den Gerichten. Unserer Erfahrung nach geben die Rechtsschutzversicherer in den meisten Fällen eine Deckungszusage. Gerne fragen wir bei Ihrer Rechtsschutzversicherung für Sie an.
PDF Verkürzung Genesenenstatus verfassungswidrig
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Sebastian Bärmann
Rechtsanwalt