BGH-Urteil zur Sternebewertung: Keine Pflicht zur Aufschlüsselung – Was Onlinehändler jetzt beachten müssen (BGH, Urteil vom 25.07.2024 – I ZR 74/23)
Am 25. Juli 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein richtungsweisendes Urteil für die digitale Werbewelt gefällt (Az. I ZR 74/23): Unternehmen dürfen mit einer durchschnittlichen Sternebewertung werben, ohne dabei die Verteilung der Bewertungen auf die einzelnen Sterneklassen (z. B. wie viele 5-, 4-, 3-Sterne-Bewertungen) offenlegen zu müssen. Damit hat der BGH eine seit Langem umstrittene Frage zur Zulässigkeit von Bewertungswerbung in Online-Shops und Plattformen klargestellt – mit großer Relevanz für den gesamten E-Commerce.
Im konkreten Fall hatte ein Unternehmen, das Immobilienverkäufer an Makler vermittelt, mit einer durchschnittlichen Bewertung von 4,7 von 5 Sternen geworben. Angaben zur Anzahl der Bewertungen, dem Bewertungszeitraum oder zur Aufschlüsselung nach Sterneklassen wurden dabei nicht gemacht. Ein Wettbewerbsverband sah darin eine Irreführung und verlangte Unterlassung. Die Vorinstanzen verpflichteten das Unternehmen bereits zur Angabe von Gesamtzahl und Zeitraum der Bewertungen, lehnten aber eine Pflicht zur detaillierten Sterne-Aufschlüsselung ab. Diese Entscheidung wurde nun vom BGH bestätigt.
Der BGH stellte klar, dass es sich bei der Aufschlüsselung nach Sterneklassen nicht um eine wesentliche Information im Sinne des § 5a UWG handelt. Maßgeblich sei, ob eine Information für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers ein erhebliches Gewicht habe – dies sei bei der Sterneklassenzuordnung nicht der Fall. Der durchschnittliche Verbraucher wisse aus Erfahrung, dass eine durchschnittliche Bewertung von z. B. 4,7 Sternen auf einer Mischung aus besseren und schlechteren Einzelbewertungen beruhe. Er gehe nicht davon aus, dass nur identische Bewertungen abgegeben wurden. Eine Aufschlüsselung nach Sternen sei daher hilfreich, aber nicht notwendig.
Keine Gleichsetzung mit Prüfsiegeln
Auch verglich der BGH die Bewertungswerbung mit klassischen Prüfsiegeln – und lehnte eine Gleichsetzung ausdrücklich ab. Während Prüfsiegel regelmäßig objektive Vergleichbarkeit suggerieren und daher besonders transparent begründet sein müssen, seien Kundenbewertungen subjektiv und beruhten nicht auf einheitlichen Kriterien. Deshalb dürften Unternehmen mit Durchschnittsbewertungen werben, ohne wie bei einem Testsiegel tiefergehende Erläuterungen liefern zu müssen.
Einschränkung bleibt
Trotzdem bleibt eine Einschränkung: Unternehmen müssen weiterhin die Gesamtzahl der berücksichtigten Bewertungen sowie den Bewertungszeitraum angeben. Diese Informationen gelten laut Gericht als wesentlich, da sie die Aussagekraft der Durchschnittsbewertung maßgeblich beeinflussen. So ist eine Bewertung mit 4,7 Sternen bei nur 10 Bewertungen weniger aussagekräftig als bei 2.000 Bewertungen über einen längeren Zeitraum.
Für die Praxis bedeutet das Urteil vor allem eines: Rechtssicherheit. Unternehmen können mit Durchschnittsbewertungen werben, ohne in jedem Fall die detaillierte Aufschlüsselung mitliefern zu müssen. Das spart Aufwand in der Gestaltung von Websites, Flyern oder Produktbeschreibungen. Allerdings müssen die gesetzlichen Anforderungen an Transparenz und Nachvollziehbarkeit eingehalten werden – insbesondere die Angaben zur Anzahl und dem Zeitraum der Bewertungen.
Was ist zu beachten?
Online-Shops, Vergleichsportale und Dienstleister sollten also darauf achten, diese beiden Pflichtangaben gut sichtbar im Zusammenhang mit der Bewertungsanzeige zu platzieren. Idealerweise lauten künftige Werbetexte etwa so:
„4,7 von 5 Sternen – basierend auf 2.450 Bewertungen aus dem Zeitraum Januar 2022 bis Mai 2024.“
Wichtig ist auch: Die Bewertungen müssen echt sein. Manipulierte oder gekaufte Bewertungen stellen weiterhin eine Irreführung dar und können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – unabhängig von der Frage, wie sie dargestellt werden. Die Glaubwürdigkeit und Authentizität der Bewertung ist und bleibt oberstes Gebot.
Fazit:
Das BGH-Urteil vom 25.07.2024 (Az. I ZR 74/23) bringt eine wichtige Entlastung für Unternehmen, die auf Online-Bewertungen setzen. Die fehlende Aufschlüsselung nach Sterneklassen ist zulässig – sofern die Verbraucher über die Gesamtzahl und den Bewertungszeitraum informiert werden. Unternehmen, die diese Spielregeln einhalten, können weiterhin effektiv mit Bewertungen werben, ohne rechtliche Risiken einzugehen.
Bei Fragen zum Wettbewerbsrecht kontaktieren Sie uns gerne unter der 0931 359390!