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Sozialversicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern

Gesellschaftsrecht

Sozialversicherung von geschäftsführenden Gesellschaftern – was ist zu beachten?

Immer wieder wird von Unternehmen die Frage aufgeworfen, ob der Geschäftsführer einer GmbH selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt ist. Diese Frage ist für die Geschäftsführer oft mit erheblichen finanziellen Auswirkungen verbunden, weil im Falle der abhängigen Beschäftigung die Sozialversicherungs- und Beitragspflicht in der Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung besteht.

Abgrenzungsfragen hierzu stellen sich zum einen bei Gesellschafter-Geschäftsführern, die an der GmbH beteiligt sind, aber auch bei sog. Fremdgeschäftsführern und anderweitig angestellten Gesellschaftern einer GmbH.

Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Geschäftsführers

Der Geschäftsführer einer GmbH ist grundsätzlich deren Angestellter. Der GmbH wiederum als juristischer Person kommt die Stellung des Unternehmers zu.
Angestellte eines Unternehmens sind grundsätzlich weisungsgebunden und in dessen Betrieb eingegliedert, weshalb sie in der Regel als abhängig Beschäftigte nach § 7 Abs. 1 SGB IV der Sozialversicherungspflicht unterliegen.

Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) für den Geschäftsführer, der zugleich auch an der GmbH beteiligt ist (Gesellschaftergeschäftsführer).
Die GmbH wird zwar nach außen grundsätzlich durch den Geschäftsführer vertreten, § 35 Abs. 1 GmbHG. Trotz dieser Organstellung ist der Geschäftsführer aber an die Weisungen der Gesellschafterversammlung nach § 37 Abs. 1 GmbHG gebunden und unterliegt nach § 46 Nr. 6 GmbHG deren Prüfung und Überwachung.

Wenn dieses Weisungsrecht nicht wirksam beschränkt ist, haben die Gesellschafter, nicht aber der Geschäftsführer die Rechtsmacht, über die Geschicke der Gesellschaft zu entscheiden.

Für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status des Geschäftsführers ist nach der Rechtsprechung des BSG deshalb maßgeblich, ob er nach den rechtlichen Verhältnissen in der GmbH die Möglichkeit hat, entweder als beherrschender Gesellschafter-Geschäftsführer, ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafter abzuwenden oder ob er als Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer mit vergleichbarer Rechtsmacht ausgestattet ist, nicht genehme Weisungen der Gesellschafter an sich jederzeit abzuwenden.

1. Kapitalbeteiligung  des Gesellschafter-Geschäftsführer mehr als 50 %

Wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer mit mehr als 50 % der Stimmenanteile an der Gesellschaft ausgestattet ist, kann er maßgeblichen Einfluss auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung ausüben. Da nach der Regelung des § 47 Abs. 1 GmbHG Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung grundsätzlich mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden, kann er entweder eigene Entscheidungen durchsetzen oder alle ihm nicht genehmen Beschlüsse bzw. Weisungen der weiteren
Gesellschafter auf diese Weise verhindern.

In diesem Fall verfügt der Gesellschaftergeschäftsführer über die entsprechende Rechtsmacht. Er kann maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschafterbeschlüsse nehmen und dadurch die Geschicke der Gesellschaft umfassend mitbestimmen. Damit steht er zur Gesellschaft nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.

2. Kapitalbeteiligung  des Gesellschafter-Geschäftsführer genau 50 %

Auch wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer mit genau 50 % der Stimmanteile an der Gesellschaft ausgestattet ist, kann er maßgeblichen Einfluss auf die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung ausüben. Wie oben dargestellt, sind nach der Regelung des 47 Abs.1 GmbHG Beschlüsse in der Gesellschafterversammlung grundsätzlich mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen. Hat der Gesellschafter-Geschäftsführer genau 50 % der Stimmanteile, kann er seine Stimmrechte im Rahmen der Gesellschafterversammlung einsetzen, um ihm nicht genehme Weisungen zu verhindern. Ein Mehrheitsbeschluss ist zu seinen Ungunsten dann nicht möglich. Letztlich verfügt er damit über eine Art Sperrminorität.

Dies gilt nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 24.06.1982 – 12 RK 43/81) auch dann, wenn ein besonderer Beirat gebildet worden ist. Eine mit der Errichtung eines weisungsbefugten Beirats verbundene Einschränkung des Einflusses der Gesellschafter-Geschäftsführer ist noch nicht so erheblich, dass dadurch eine Abhängigkeit im Sinne eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses entsteht.

Es kann daher festgehalten werden, dass auch bei einer Kapitalbeteiligung mit genau 50 % der Gesellschafter-Geschäftsführer über die entsprechende Rechtsmacht verfügt. Er ist ebenfalls selbstständig tätig und unterliegt nicht der Sozialversicherungspflicht.

3. Kapitalbeteiligung  des Gesellschafter-Geschäftsführer weniger als 50 %

Beträgt die Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft weniger als 50 %, ist die Abgrenzung zwischen selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung bei einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer schwieriger. Aus der Kapitalbeteiligung heraus kommt ihm jetzt keine überwiegende Rechtsmacht mehr zu.

Infolge der Weisungsgebundenheit gegenüber der Gesellschafterversammlung ist er grundsätzlich abhängig beschäftigt und unterliegt der Sozialversicherungspflicht.

Dies hat das BSG zuletzt mit aktuellem Urteil vom 01.02.2022, Az. B 12 KR 37/19 R für den Fall eines Gesellschafter-Geschäftsführers entschieden, welcher lediglich mit 49 % am Kapital der GmbH beteiligt war.

Mit einer weiteren aktuellen Entscheidung vom 28.6.2022, Az. B 12 R 4/20 R hat das BSG diese Richtung bestätigt. Danach sind auch Anwälte, die als Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-GmbH tätig sind, grundsätzlich sozialversicherungspflichtig, wenn diese lediglich mit 25 % beteiligt sind und keiner der Anwälte über eine Sperrminorität verfügt. Allein die Ausübung eines freien Berufs als Anwalt bewirkt nicht ihre Selbstständigkeit. Gleiches würde auch für andere freie Berufe wie Architekt, Steuerberater, Ingenieur, Ärzte etc. gelten.

4. Gestaltungsmöglichkeiten: Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführern eine einem Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführer vergleichbare Position einzuräumen.

Ausgangspunkt

Eine Ableitung der erforderlichen Rechtsmacht aus der faktischen Stellung des Geschäftsführers im Unternehmen ist nach Aufgabe der „Kopf und Seele“-Rechtsprechung durch das BSG nicht mehr möglich. Das BSG hatte in der Vergangenheit einem Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer bereits dann ausreichende Rechtsmacht im Unternehmen zugesprochen, wenn dieser im Wesentlichen seine Tätigkeit und seine Arbeitszeit frei gestalten konnte. Gerade in Familienunternehmen war es so, dass beispielsweise die Mehrheitsgesellschafter-Geschäftsführerin ihrem ebenfalls geschäftsführenden Ehemann praktisch keine Weisungen erteilte und dieser letztlich komplett allein entschied. Das BSG hatte dies in der Vergangenheit als ausreichend für eine selbstständige Tätigkeit angesehen und so eine Sozialversicherungspflicht verneint. Bei einem Fremdgeschäftsführer war nach der frühen Rechtsprechung des BSG auch ausreichend, dass er spezielle Fach- und Branchenkenntnisse vorweisen konnte aufgrund derer es den Gesellschaftern unmöglich war, ihm Weisungen zu erteilen.

Mit seiner maßgebenden Entscheidung vom 29.7.2015, Az.: B 12 KR 23/13 R hatte das BSG diese „Kopf und Seele“ Rechtsprechung komplett aufgegeben. Für das BSG ist seitdem ein Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer nur dann nicht sozialversicherungspflichtig, wenn ihm die notwendige Rechtsmacht hierzu durch Gesellschaftsvertrag in der hierfür vorgesehenen notariellen Form eingeräumt wird.

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