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Reform des Personengesellschaftsrecht

Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)

Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG)

Am 01.01.2024 tritt das Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) in Kraft. Die wichtigsten damit einhergehenden Neuerungen im Gesellschaftsrecht stellen wir nachfolgend vor.

Hintergründe

Die Reformbedürftigkeit des deutschen Personengesellschaftsrechts ist eine Binsenweisheit. Die Spielregeln der in Deutschland am weitesten verbreiteten Gesellschaftsformen sind in den Gesetzen teils nur rudimentär, teils praxisfern geregelt. Hinzu kommt der Umstand, dass die Rechtsprechung den Gesetzeswortlaut in einer für den Laien kaum mehr verständlichen Weise ausgelegt hat, was zu einer weiteren Entfremdung von Gesetzeslage von der Rechtspraxis beigetragen hatte. Nachdem der 71. Deutsche Juristentag in 2016 die entsprechenden Schwachstellen herausgearbeitet hatte, erarbeitete eine Expertenkommission in 2020 einen umfassenden Reformvorschlag, der schlussendlich nun zum 01.01.2024 zur Anwendung gelangen wird.

Einzelheiten der Gesetzesreform

Die wesentlichen Aspekte der Gesetzesreform lassen sich wie folgt zusammenfassen:

1. Unverändert bleibt zunächst die Gründung. Eine Personengesellschaft wird weiterhin durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrags gegründet, der auch weiterhin formlos wirksam ist, soweit sich aus und aufgrund der Beitragspflichten der Gesellschafter nichts Abweichendes ergibt. Auch bedarf es weiterhin mindestens zwei Gesellschafter um eine Personengesellschaft zu errichten bzw. damit eine solche fortbesteht.

2. Der Gesetzgeber schafft ein Gesellschaftsregister zum Zwecke der Eintragung von GbRs, welches inhaltlich und „optisch“ an das Handelsregister angelehnt ist und dessen Eintragungen einen ähnlichen Gutglaubensschutz wie Eintragungen im Handelsregister genießen (§ 707a BGB nF). Den Gesellschaftern einer GbR wird es dadurch erstmals möglich, im Rechtsverkehr durch einfachen Registerauszug die Existenz ihrer Gesellschaft und die Vertretungsbefugnis der für die Gesellschaft handelnden Gesellschafter zweifelsfrei nachweisen zu können. Eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts führen zukünftig den Namenszusatz ‚eGbR‘. Die Anmeldung der eGbR zum Gesellschaftsregister bedarf – wie auch eine Anmeldung zum Handelsregister – der Mitwirkung eines Notars.

Der Gesetzgeber hat zwar von einer unmittelbaren Eintragungspflicht Abstand genommen. Jedoch kann nur eine eGbR Gesellschafter-, Marken-, Design- und Grundstücksrechte (bspw. auch entsprechendes Eigentum) erwerben bzw. veräußern und nur eine eGbR ist auch zukünftig umwandlungsfähig. Als potentielle Eigentümerin volkswirtschaftlich relevanten Vermögens ist die eGbR zudem verpflichtet, die Transparenzpflichten gemäß § 20 Abs. 1 S. 1 GwG zu erfüllen, also dem Transparenzregister ihre wirtschaftlich Berechtigten mitzuteilen.

3. Das Gesetz erkennt nunmehr an – was der BGH freilich bereits 2001 statuiert hatte –, dass auch eine GbR selber Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll (§ 705 Abs. 2 BGB nF). Aus dieser Anerkennung ihrer unbeschränkten Rechtsfähigkeit folgt, dass die GbR selbst Vermögen bilden kann (§ 713 BGB nF) und es sich hierbei auch nicht mehr bloß um „gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter“ handelt (sog. Gesamthandsvermögen, vgl. bisher § 718 BGB aF). Die rechtlichen Folgen dieses gesetzgeberischen „Federstrichs“ sind nicht ganz trivial, zumal sich hier auch eine Vielzahl von steuerrechtlichen Folgefragen anschließen könnten. Insbesondere bleibt auch die Frage offen, ob – im Umkehrschluss – eine Gesellschaft, die nicht am Rechtsverkehr teilnimmt (sog. Innengesellschaft), eigene Rechte und Pflichten begründen kann oder ob es insoweit bei der Gesamthandslehre, wie bisher in § 718 BGB aF dargetan, verbleibt.

4. Zukünftig kann nun auch eine Personengesellschaft frei ihren Verwaltungssitz wählen, solange der vertraglich festgelegte Sitz der Gesellschaft in Deutschland verbleibt. Sie kann daher insbesondere auch ihren Verwaltungssitz in Ausland verlegen, wenn die Gesellschaft im Gesellschaftsregister eingetragen ist (§ 706 BGB nF) und der Auslandsstaat einen solche „Zuzug“ rechtlich billigt. Dies ist aufgrund einschlägiger Rechtsprechung des EuGH jedenfalls innereuropäisch unproblematisch der Fall. Vorsorglich sei indes daran erinnert, dass eine solche Verlegung des Verwaltungssitzes durchaus steuerrechtliche Konsequenzen zeitigt, die im Einzelfall geprüft werden sollten.

5. Nach wie vor gilt für die GbR der Grundsatz der gemeinschaftlichen Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsbefugnis aller Gesellschafter (§§ 715, 715a BGB bzw. § 720 BGB nF). Mit der Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister besteht jedoch nun die Möglichkeit, individuell opportun erscheinende, hiervon abweichende Befugnisse zu regeln (bspw. eine Einzelvertretungsmacht eines einzelnen Gesellschafters) und diese gegenüber der Allgemeinheit zu verlautbaren, so dass sich der betreffende Gesellschafter nicht mehr mit gesonderter Vollmacht oder durch Vorlage des Gesellschaftsvertrags „ausweisen“ muss.

Neu ist demgegenüber, dass eine Beschränkung der Vertretungsbefugnis, beispielsweise in Bezug auf bestimmte Geschäfte oder Arten von Geschäften, gemäß § 720 Abs. 3 BGB nF Dritten gegenüber künftig selbst dann unwirksam ist, wenn ihnen eine solche Beschränkung bekannt gemacht wurde. Das weicht von der bisherigen Rechtslage ab, so dass entsprechende Gesellschaftsverträge hinsichtlich der damit einhergehenden Rechtsfolgen überprüft werden sollten.

6. Das Gesetz kodifiziert die – ohnehin schon seit vielen Jahren so gelebte, dem Recht der offenen Handelsgesellschaft entlehnte – persönliche, gesamtschuldnerische und unbeschränkte Haftung der Gesellschafter für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft (vgl. § 721 ff. BGB nF). Es bleibt freilich dabei, dass die Beteiligten entsprechend der bisherigen Rechtslage – etwa für Bauherrengemeinschaften, geschlossene Immobilienfonds, und Gesellschaften, die gemeinnützige und sonstige ideelle Zwecke verfolgen – Haftungsbegrenzungen vereinbaren können, wenn sich die unbeschränkte Gesellschafterhaftung nach umfassender Abwägung der Interessen der Gesellschaftsgläubiger und der Gesellschafter als unbillig erweist.

Der im Innenverhältnis der GbR-Gesellschafter untereinander bislang anwendbare Maßstab der eigenüblichen Sorgfalt in § 708 BGB aF wurde gestrichen. Gesellschafter haften daher – vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen – ab dem 01.01.2024 im Innen- wie auch im Außenverhältnis (also gegenüber Dritten) nach den allgemeinen Vorschriften, so dass sie nach § 276 Abs. 2 BGB die im Verkehr erforderliche Sorgfalt anzuwenden haben. Dies hat freilich zur Folge, dass die bestehenden Gesellschaftsverträge hinsichtlich der damit einhergehenden Rechtsfolgen überprüft und ggf. angepasst werden sollten.

7. Bisher bemaß sich Stimmkraft und Ergebnisanteil der Gesellschafter einer GbR – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag – nach Köpfen (§§ 709 Abs. 2, 722 BGB aF). Nichts anderes galt für die oHG (§ 120 HGB). Dieses Konzept wird nun dahingehend geändert, dass sich – mangels abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag – Stimmkraft und Ergebnisanteil vorrangig nach dem (variablen!) Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge und nur nachrangig nach Köpfen richtet (§ 709 Abs. 3 S. 2, 3 BGB nF). Dies kann bei Bestandsgesellschaften ohne ausdrückliche Regelung der Beteiligungsverhältnisse mit Inkrafttreten des MoPeG dazu führen, dass sich Beteiligungsquoten verschieben, so dass insoweit eine vorsorgliche Überprüfung des Gesellschaftsvertrags dringend zu empfehlen ist.

8. Der Gesetzgeber erkennt nunmehr an, dass auch im Personengesellschaftsrecht der Grundsatz gilt, dass Entscheidung der Gesellschafter durch Gesellschafterbeschluss (und nicht im Wege des Vertragsschlusses) gefasst werden. Auch nach dem MoPeG gilt für die Beschlussfassungen in Personengesellschaften der Grundsatz der Einstimmigkeit ( 714 BGB nF bzw. § 109 Abs. 3 HGB nF). Es bleibt den Beteiligten freilich unbenommen, Mehrheitsbeschlüsse im Gesellschaftsvertrag zuzulassen. Beachtlich ist dabei jedoch, dass der Gesetzgeber von der Einfügung von Regelungen zum Beschlussverfahren für die GbR Abstand genommen und diese lediglich für Personenhandelsgesellschaften statuiert hat. Der Gesetzgeber verweist die Beteiligten einer GbR in seiner Gesetzesbegründung ausdrücklich auf die Möglichkeit, dass Beschlussverfahren individuell im Gesellschaftsvertrag zu regeln oder zu bestimmen, ob und in welchem Umfang die diesbezüglichen Regelungen im Personenhandelsgesellschaftsrecht (§ 109 BGB) angewendet werden sollen. Insofern verbleibt es für die GbRs dabei, dass der Gesellschaftsvertrag ausdrücklich zum Beschlussverfahren Ausführungen enthalten sollte. Entsprechendes gilt zu der Frage, ob und inwiefern das durch das MoPeG für die Personenhandelsgesellschaften erstmals kodifiziere Beschlussmängelrecht (§ 110 HGB) auch für die GbR gelten soll.

9. Anders als bislang führen Kündigung und Tod eines Gesellschafters nach dem MoPeG nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft, sondern zum Ausscheiden des betreffenden Gesellschafters (§ 723 Abs. 1 Nr. 1–2 BGB nF). Sofern diese Rechtsfolge im Einzelfall unerwünscht erscheint, bedarf es daher der Aufnahme konkreter Regelungen im Gesellschaftsvertrag, welche alternativen Rechtsfolgen an die genannten Umstände geknüpft werden sollen. Insbesondere bleibt es den Beteiligten unbenommen, für diese Fälle die Auflösung der Gesellschaft zu statuieren oder für den Todesfall auch Nachfolgeklauseln in den Gesellschaftsvertrag zu integrieren.

Ist die GbR auf unbestimmte Zeit geschlossen, konnte bislang jeder Gesellschafter – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag – die Gesellschaft jederzeit, also ohne Einhaltung einer bestimmten Frist kündigen. In § 725 BGB nF wird für diesen Fall nun eine Kündigungsfrist von drei Monaten statuiert. Sofern diese Kündigungsfrist den Beteiligten unbillig erscheint, müsste im Gesellschaftsvertrag eine längere oder eben auch eine kürzere (jederzeitige) Kündigungsfrist vereinbart werden.

10. Der ausscheidende Gesellschafter hat nach § 728 Abs. 1 BGB nF, § 135 Abs. 1 HGB nF weiterhin Anspruch auf eine angemessene Abfindung, die dem „wahren Wert“ seines Anteils entspricht. Das Gesetz äußert sich indes nicht zu der Frage, nach welcher Bewertungsmethodik dieser Wert zu ermitteln ist. Was hier im Einzelfall gelten soll, bleibt letztlich weiterhin in erster Linie der Entscheidung der Beteiligten vorbehalten, so dass es ratsam erscheint, Fragen der Bewertungsmethodik von Zeit zu Zeit im Gesellschafterkreis zu diskutieren und ggf. interessengerecht anzupassen.

11. Die Informationsrechte der Gesellschafter einer Personengesellschaft wurden massiv gestärkt. Ihnen wird nun neben dem Recht auf die Aushändigung einer Abschrift des Jahresabschlusses und der Überprüfung desselben durch Einsichtnahme in die zugehörigen Geschäftsunterlagen auch ein Recht auf Auskunft über die Gesellschaftsangelegenheiten gewährt, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Mitgliedschaftsrechte erforderlich ist (§§ 717 BGB nF, 166 HGB nF). Klauseln in Gesellschaftsverträgen, die jene Informationsrechte der Gesellschafter restriktiver ausgestalten, werden zum 01.01.2024 unwirksam.

12. Die sog. Einheits-KG, also eine GmbH & Co. KG, in der die KG alle Anteile an der Komplementär-GmbH hält, wird nun in § 170 Abs. 2 HGB dezidierter als bisher geregelt. Hier ist zu beachten, dass bislang – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag – für die Ausübung der Gesellschafterrechte der KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH grundsätzlich die GmbH selbst als gesetzliche Vertreterin der KG und damit deren eigene Geschäftsführer zuständig waren. 170 Abs. 2 HGB nF bestimmt nun, dass – vorbehaltlich abweichender Regelungen im Gesellschaftsvertrag – die Gesamtheit der Kommanditisten die Gesellschafterrechte der KG in der Gesellschafterversammlung der Komplementär-GmbH wahrnimmt. Sollte dieses Ergebnis nicht gewünscht sein, bedarf es also der Nachbesserung des Gesellschaftsvertrags.

 

Zusammenfassende Bewertung

Mit dem MoPeG hat der Gesetzgeber auf die Rechtsprechung und Rechtspraxis reagiert und in gewisser Weise auch die „best practice“ des deutschen Personengesellschaftsrechts kodifiziert. Zusammenfassend lässt sich statuieren, dass das MoPeG zum Einen die rechtlichen Divergenzen zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften, die aufgrund der seit 2008 vorgenommenen Änderungen im Kapitalgesellschaftsrecht entstanden sind, bereinigt. Zum Anderen wird das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) dem Recht der offenen Handelsgesellschaft (oHG) angeglichen und ein zentrales Register für Gesellschaften bürgerlichen Rechts geschaffen, welches dem Handelsregister nachempfunden ist.

Insgesamt ist zu erwarten, dass die Praxis gut mit der neuen Gesetzeslage zurecht kommen wird. Größere Überraschungen oder wesentliche Rechtsprechungsänderungen sind im Hinblick auf die veränderte Rechtslage erst einmal nicht zu erwarten. Gleichwohl kann die Gesetzesreform im Einzelfall dazu führen, dass sich eine angestammte, „eingeschliffene“ Praxis in der Gesellschaft nicht mehr aufrecht erhalten lässt oder gesellschaftsvertraglich verankert werden muss. Insofern sind Gesellschafter von Personengesellschaften – gleich welcher Rechtsform – gut beraten, den Gesellschaftsvertrag ihrer jeweiligen Gesellschaft im Hinblick auf die vorstehenden genannten Aspekte zu überprüfen, um unliebsame Wendungen zu vermeiden. Gleichsam sollten die Gesellschafter einer GbR prüfen, ob es sinnvoll erscheint, ihre GbR zeitnah im Gesellschaftsregister eintragen zu lassen.

 

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